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Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2013

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 26. Februar 2013 (Az.: 1 BvR 2045/12) einen ablehnenden Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren aufgehoben. In dem zu Grunde liegenden Hauptsacheverfahren begehrt die an einem metastasierenden Ovarialkarzinom erkrankte Patientin die Übernahme der Kosten für eine kombinierte Immuntherapie (Hyperthermie, onkolytische Viren und dendritische Zellen), die ihre Krankenkasse ablehnte. Den dagegen gerichteten Antrag auf einstweiligen Rechtschutz lehnte das Sozialgericht ab. Die gegen diesen ablehnenden Bescheid des Sozialgerichts eingelegte Beschwerde wies das Landessozialgericht mit der Begründung zurück, dass zwar eine lebensbedrohliche Krankheit vorliege, es jedoch nicht an alternativen Standardtherapien (FIGO III mit Paclitaxel und Carboplatin) fehle.

Das Problem in dieser speziellen Konstellation liegt in dem Umstand, dass mit diesen Standardtherapien nur ein palliativer und nicht – wie mit der begehrten Immuntherapie – ein kurativer Behandlungserfolg angestrebt war. Das LSG war der Auffassung, dass unterschiedliche Behandlungsziele für die Frage der Alternativlosigkeit keine Rolle spielten, solange überhaupt eine Standardtherapie vorliegt. Dem stellt sich das BVerfG mit seinem Beschluss ausdrücklich entgegen und stellt fest, dass es mit dem Grundrechten auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nicht vereinbar sei, wenn ein in Lebensgefahr schwebender Versicherter lediglich auf Linderung verwiesen würde, wenn eine erfolgversprechende experimentelle Behandlungsmethode verfügbar ist.

Mit diesem Beschluss bestätigt das BVerfG die Rechtsprechungslinie des Bundessozialgerichts, wonach bei der Beurteilung, ob eine alternative Behandlungsmethode vorliegt, das angestrebte Behandlungsziel zu berücksichtigen ist (BSG, Urt. v. 07.11.2006 – Az.: B 1 KR 24/06 R, Rdn. 25 juris)



Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2012

Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 13. Dezember 2012 (Az.: L 11 KR 2254/10) eine positive Entscheidung  für die Behandlung einer schweren aplastischen Anämie durch allogene Stammzelltransplantation getroffen. Eine lebensbedrohliche Erkrankung liege unstreitig vor, so das Gericht. Alternative Behandlungsmethoden wie etwa eine wiederholte immunsuppressive Behandlung seien im Hinblick auf parallele Infektionen nicht möglich. Die Methode der allogenen Stammzellentherapie sei auch ausreichend erfolgversprechend. Als Maßstab dafür sei die konkrete Risiko-Nutzen-Abwägung des behandelnden Arztes ausschlaggebend.



Literatur

Schmitz-Luhn/Bohmeier (Hrsg): Priorisierung in der Medizin - Kriterien im Dialog
Der Sammelband enthält Ergebnisse und Analysen aus der DFG-Forschergruppe 655. Die in Frage kommende Priorisierungskriterien werden aus dem Blickwinkel der maßgeblichen Disziplinen (u.a. Medizin, Ökonomie, Ethik, Rechtswissenschaft) diskursiv erörtert. Diese diskussionsbasierte Herangehensweise ermöglicht erstmals einen interdisziplinären Überblick und liefert damit Impulse für die gesellschaftliche Diskussion eines hochaktuell und kontrovers diskutierten Themas.
Springer 2013 ISBN 978-3-642-35447-2 89,99 Euro

Gaßner, Maximilian: Kostenerstattungsanspruch für eine beschaffte augenärztliche Behandlung mit dem Arzneimittel Avastin, NZS 2013 Seite 179-181

Neft, Hans: Reform des Transplantationsgesetzes- Weichenstellung für eine bessere Patientenversorgung, MedR 2013 Seite 82-89